FORGEN
FORSCHUNGSVERBUND GRUNDLAGEN GENTECHNISCHER VERFAHREN
FORGEN II VV3 Herstellung Brustkrebs-spezifischer Vektoren
Arbeitsfeld:
Innovative Virusvektoren für die somatische Gentherapie (FORGEN II)Arbeitsgebiet
Retroviren besitzen die Fähigkeit, ihr Genom in die DNA der Wirtszelle zu integrieren. Gelangen diese sogenannten Proviren in die Keimbahn, spricht man von endogenen Retroviren. Endogene Retroviren oder retrovirale Elemente konnten in allen bisher untersuchten Wirbeltierspezies, einschließlich Primaten, nachgewiesen werden. Das menschliche Genom besteht zu etwa 2 % aus endogenen Retroviren und Retrovirus-ähnlichen Sequenzen (HERV); darunter zählen etwa 30 000 – 40 000 retrovirale LTR-Sequenzen (long terminal repeats), die Steuerelemente für die retrovirale Transkription enthalten. Endogene retrovirale LTRs stellen damit ein ungeheueres Reservoir an potentiellen Promotor- und Enhancersequenzen dar, die die Genexpression regulieren können. Es sind einige Beispiele dafür bekannt, daß diese Sequenzen im Laufe der Evolution tatsächlich für die Expression zellulärer Gene nutzbar gemacht wurden; z. B. wird die gewebespezifische Expression des menschlichen Amylasegens in der Speicheldrüse durch ein HERV-Element gesteuert. Wir haben in unserer Arbeitsgruppe bereits aus verschiedenen menschlichen Zellinien und Geweben retrovirale LTRs isoliert und ihre Promotoraktivität und Zelltypspezifität untersucht. Dabei zeigte sich, daß die Promotoraktivitäten der unterschiedlichen LTRs in Abhängigkeit vom Zelltyp deutlich variieren: eine HERV-LTR Sequenz ist z. B spezifisch in menschlichen Lungenfibroblasten, eine andere ausschließlich in Keratinozyten der Haut aktiv. Wir konnten überdies zeigen, daß sich diese HERV-LTR Sequenzen für die Konstruktion retroviraler Expressionsvektoren eignen.
Projektziel und Projektbeschreibung
In diesem Projekt sollen nun HERV-LTRs isoliert werden, die spezifisch in menschlichen Brustkrebszellen exprimiert werden. Zur Identifizierung und Isolierung solcher HERV-LTR Sequenzen wird die menschliche Brustkrebs-Zellinie T47D herangezogen, die nach Behandlung mit Steroidhormonen Partikel mit einer Retrovirus-ähnlicher Morphologie produziert. In dieser Zellinie wurden bereits Transkripte von wenigstens vier neuen HERV-Familien nachgewiesen. Im geplanten Projekt werden die Promotor-Sequenzen dieser neuen HERV-Familien aus einer T47D-cDNA-Genbank isoliert und auf ihre Gewebespezifität getestet. Darüberhinaus sollen mit Hilfe einer modifizierten Differential-Display-Methode weitere tumorspezifisch exprimierte HERV-LTR-Sequenzen direkt im Tumorgewebe von Brustkrebspatientinnen identifiziert und daraus isoliert werden. Die Promotoraktivität und die Gewebespezifität der HERV-LTR-Sequenzen wird anschließend in Luziferase-Expressionsvektoren untersucht. Auf diese Weise identifizierte neue brusttumorspezifische HERV-Promotoren werden dann in Promotorkonversionsvektoren (ProCon) der Firma Bavarian Nordic (Projekt VV1) kloniert und zunächst in Zellkultur und schließlich in der Arbeitsgruppe Wolf (Projekt VV3) in transgenen Tieren auf ihre Gewebe- und Tumorzellspezifität getestet.
Anwendung in der Praxis:
Wirtschaftlicher Nutzen
Da Brustkrebs zu den häufigsten Todesursachen bei Frauen im Alter zwischen 45 und 54 Jahren zählt, und die Häufigkeit jedes Jahr um etwa 3 % steigt, sind neue und schonendere Therapieformen als die derzeit durchgeführte Strahlen- und Chemotherapie wünschenswert. Eine gewebespezifische Gentherapie ist möglicherweise eine vielversprechende Alternative.