ZSK
FORSCHUNGSVERBUND ZENTRUM STADTNATUR UND KLIMAANPASSUNG
TP14: Multifunktionale Versickerungsmulden im Siedlungsraum
Ausgangspunkt
Durch die zunehmenden Nachverdichtungen und neuen Bauvorhaben werden immer mehr Flächen versiegelt. Hierdurch entstehen negative Effekte für den lokalen Wasserhaushalt, die Biodiversität, das Mikroklima sowie höhere Schadstoffbelastung im Niederschlagsabfluss. Durch die Klimaveränderungen werden diese Negativwirkungen besonders in urbanen Räumen als zunehmendes Problem empfunden.
Als besonders vielversprechende Möglichkeiten, diesen Herausforderungen entgegenzuwirken, werden begrünte oberirdische Versickerungsmulden erachtet. Diese übernehmen die Funktion einer regulierten Entwässerung der Abflüsse versiegelter Flächen wie Straßen und Dächer, aber auch den Rückhalt ihrer Schadstoffe zum Schutz des Grundwassers. Bisher lag der Schwerpunkt von Versickerungsmulden auf der Entwässerung, nicht speziell auf dem Schadstoffrückhalt. Versickerungsmulden an sich sind nicht neu, nach DWA Regelwerk DWA-A 138 (2005) darf die bewachsene Bodenzone zur Beibehaltung der Versickerungsleistung jedoch nur einen geringen Humus- und Tongehalt aufweisen und wird häufig nur mit einer einfachen Rasensaat begrünt, so dass die Akzeptanz zur Integration in den Siedlungsraum bei der Planung niedrig lag. Der Bedarf nach einer Multifunktionalität – Entwässerungssicherheit, optimierter Schadstoffrückhalt sowie verbesserte Pflanzen- und Insektenvielfalt durch an das Klima angepasste heimische Pflanzen – ist daher hoch.
Ziele
In diesem Projekt soll die Entwicklung eines verbesserten und multifunktional nutzbaren Versickerungssystems erfolgen, Teilziele sind:
- Optimierung der Entwässerungsleistung und Wasserspeicherfähigkeit
- Optimierung der Reinigungsleistung (erweitertes Stoffspektrum beim Schadstoffrückhalt u.a. Biozide)
- Optimierung als Pflanzen- und Tierhabitat
- Artenreiche, stresstolerante und standortgerechte Bepflanzung, die Hitze und Dürreperioden sowie temporäre Überstauungen nach Starkregenereignissen und Streusalz toleriert
- Schaffung eines Nahrungs- und Fortpflanzungshabitats für eine Vielfalt an Insekten
Weitere positive Auswirkungen von Versickerungsflächen in der Stadt:
- ortsnahe Niederschlagswasserbewirtschaftung zur Unterstützung des lokalen Wasserhaushalts
- attraktive Standortgestaltung
- Hitze- und Starkregenregulation
Vorgehensweise
Das Vorhaben gliedert sich in drei wesentliche Phasen.
In der ersten Phase wird an der TUM die Entwicklung von geeigneten und an die Zusammensetzung des Niederschlagswassers angepasster Boden mittels Substratbeimengung erforscht. An der HSWT wird eine vielfältige Bepflanzung aus heimischen Arten zusammengestellt, die den extremen Bedingungen einer urbanen Versickerungsmulde standhält und sich zudem positiv auf das Stadtbild und die Insektenvielfalt auswirkt. Nach Untersuchungen im Labormaßstab zur Optimierung von bewachsenen Bodenzonen sowie einer Recherche zu schadstofffilternder, heimischer Vegetation, die den Stressbedingungen Trockenzeit und Staunässe standhält, eine winterliche Salzresistenz aufweist und ein jahreszeitlich attraktives Bild für die Einbindung in den urbanen Raum bietet, werden seit Juli 2021 Versuche im halbtechnischen Maßstab durchgeführt. Der Fokus an der TUM liegt auf der Reduzierung der stofflichen Belastung und Betriebsstabilität für die Entwässerung von Straßen-, Dach- und biozidhaltigen Fassadenabflüssen. Der Schwerpunkt an der HSWT liegt auf Probebepflanzungen von Insektennährpflanzen auf den Versickerungskörpern.
Zur Evaluierung der Ergebnisse aus den labor- und halbtechnischen Versuchen unter realen Bedingungen erfolgt in einer zweiten Phase eine Pilotierung in einem ausgewählten Siedlungsraum. Dafür wurden im April 2022 in München Versuchsflächen mit aus den halbtechnischen Versuchen ausgewählten Boden-Substratgemischen und daran angepasste, artenreiche Bepflanzungen in einer realen Versickerungsmulde angelegt. An einem weiteren Standort in Pfaffenhofen an der Ilm wurde das Substrat in sogenannten Baumrigolen (siehe unten) eingesetzt, um die Eignung der Bodenmischungen auch als wasserspeicherndes Substrat für Bäume in der Stadt zu testen.
In der dritten Phase soll auf Grundlage der Ergebnisse ein Leitfaden mit Handlungsempfehlungen für Betreiber und Planer erstellt werden. Neben geeigneten Substraten für die bewachsene Bodenzone und der Staudenbepflanzung sollen auch die ökologischen und ökonomischen Vorteile aufgezeigt werden. Der Aufwand für den Unterhalt soll dargelegt werden.
Das Forschungsvorhaben läuft im Zeitraum von November 2020 bis September 2023.
Auftraggeber
Bayerisches Landesamt für Umwelt (LfU)
Informationen zu den Ergebnissen und Veröffentlichungen des Teilprojektes finden Sie hier.
Projektpartner:
- Hochschule Weihenstephan-Triesdorf
- Technische Universität München